China und Brexit: Wer profitiert?

Diese Sonderstudie befasst sich mit den ersten chinesischen Reaktionen nach dem Brexit-Schock

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China sieht im Austritt Großbritanniens aus der EU eine große Chance für seine eigene Wirtschaft und den internationalen Wettbewerbsstandort, wie ein aktueller Bericht des European Council on Foreign Relations (ECFR) feststellt. Damit fallen Einschätzungen chinesischer Kommentatoren deutlich optimistischer aus, als bei ihren ostasiatischen Kollegen, etwa in Japan.

In der Sonderstudie China and Brexit: What's in it for us? zeichnen die China-Experten François Godement und Angela Stanzel ein Bild der ersten chinesischen Reaktionen nach dem Brexit-Schock. Zwar zeigten sich chinesische Kommentatoren besorgt über die Unsicherheit auf den Weltmärkten und den drohenden Ausfall Großbritanniens als Zugang zu Investments auf dem europäischen Binnenmarkt.

Allerdingds sehen einige außenpolitsche Experten in China auch eine Chance – ähnlich der Brexit-Befürworter im Königreich – in einem bilateralen Freihandelsabkommen mit einem von der EUunabhängigeren Großbritannien. Diese Experten gehen davon aus, dass Großbritannien auch nach dem Brexit eine große Volkswirtschaft bleibt. Peking hofft darauf, dass China nach einem Brexit ins Zentrum der britischen Wirtschaftsinteressen rückt. Den beidseitigen Nutzen eines Handelsabkommen hat bereits das chinesische Handelsministerium bestätigt.  

Großbritanniens Abhängigkeit von China

Außenpolitische Beobachter in China gehen davon aus, dass sich Großbritannien mit einem bilateralen Handelsabkommen von der chinesischen Regierung abhängig macht. In der Folge könnten die Briten auf dem internationalem Parkett Chinas Interessen den Rücken stärken. So könnte sich Großbritannien etwa noch mehr für die Internationalisierung des Renminbi einsetzen, wie Li Xiaopeng, Ökonom und Kolumnist der Chawang Webseite  vermutet. Zhao Hongwei, Professor an der Hosei University in Japan, sieht das Vereinigte Königreich nach dem EU-Austritt als die treibende Kraft, die sich dafür einsetzt, dass China den Status einer Marktwirtschaft erhält. Er geht so weit zu hoffen, dass sich Großbritannien nach einem Austritt aus der EU auch nicht mehr an das EU-Waffenembargo gegen China halten müsste und sein Exportgeschäft mit Asiens größter Militärmacht ausweiten könnte.

Gespaltenes Europa

Chinesische Experten hoffen auch, dass die EU nach dem Brexit seine Werte neu überdenken muss, was zu weniger scharfen Verurteilungen von chinesischen Menschenrechtsverletzungen führen könnte. Chinesische Firmen dürften auch vom wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen britischen und europäischen Firmen profitieren. Insgesamt rechnet China zwar mit einem wirtschaftlichen Schaden für Großbritannien als Folge aus dem Brexit. Doch hofft das Land darauf, Vorteile für sich aus den geschwächten Verhandlungspositionen sowohl von Großbritannien, als auch von der EU zu ziehen. 

Der European Council on Foreign Relations vertritt keine gemeinsamen Positionen. ECFR-Publikationen geben lediglich die Ansichten der einzelnen Autor:innen wieder.