China als „verantwortungsvoller Interessenvertreter“ in der Welt?

Die Hoffnung des Westens, dass China mehr Verantwortung in internationalen Krisen übernimmt, bleibt wohl unerfüllt

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Laut der neuesten Ausgabe der China Analysis, die vom European Council on Foreign Relations und dem Asia Centre veröffentlicht wird, bleibt die Hoffnung des Westens, dass China mehr Verantwortung in internationalen Krisen übernimmt, wohl unerfüllt. Die Beiträge kommen zu dem Schluss, dass Chinas „Kultur der Zurückhaltung“ – ein aus der deutschen Außenpolitik vertrautes Konzept – es weiterhin davon abhalten wird ein „verantwortungsvoller Interessenvertreter“ zu werden. China wird zur Lösung internationaler Probleme nur beitragen, wenn seine nationalen Interessen direkt betroffen sind und „Trittbrettfahrer“-Verhalten nicht möglich ist.

China and Global Crises: The „Culture of Reluctance“ untersucht Chinas Haltung gegenüber Afghanistan, Irak, Mali, Pakistan und der Ukraine und betont Chinas tiefes Misstrauen gegenüber anderen Mächten, die dort involviert sind. Es spiegelt auch die Wahrnehmung chinesischer Analysten wider, dass die USA China in die Probleme des Irak und des Nahen Ostens mit hinein ziehen will.

Vor einiger Zeit hatte Präsident Obama China vorgeworfen, dass es die letzten dreißig Jahre als „Trittbrettfahrer“ in internationalen Streitfragen unterwegs war. Darauf reagierte Peking verbittert und beschuldigte die USA, sowohl ein „Eindringling“ als auch ein „Deserteur“ im Irak gewesen zu sein, während China nur Frieden, Kooperation und Wiederaufbau am Herzen lagen.

China scheint sehr genau auszuwählen, in welche Situationen es sich einmischt. Sein globales Engagement ist vom Wunsch motiviert, seine eigenen Interessen zu wahren und sein internationales Image zu verbessern.

Im Einzelnen:

  • China wird nicht-militärisch in den afghanischen Friedensprozess eingreifen müssen, da der Abzug der amerikanischen und europäischen Truppen einen Einfluss auf die Sicherheit in der benachbarten Provinz Xinjiang haben könnte. Das könnte den Terrorismus und die „Drogenwirtschaft“ innerhalb von Chinas Grenzen erleichtern und die Sicherheit von Chinas Investitionen in die Rohstoffindustrie und Infrastrukturprojekte in Afghanistan gefährden.
  • Die Bedrohung durch islamischen Terrorismus hat Peking dazu veranlasst der UN-Friedensmission in Mali Truppen bereitzustellen und so auch seine Investitionen in der Region zu schützen.
  • Pakistan ist von großer strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung für China. Sowohl militärische als auch wirtschaftliche Beziehungen waren über sechs Jahrzehnte sehr eng. Trotz des Anstiegs der Anti-Terror Kooperation, wird die Schaffung eines Wirtschaftskorridors, der China Zugang zum Arabischen Meer und zum Indischen Ozean geben würde, allerdings durch die ungewisse Sicherheitslage erschwert.
  • Obwohl es immer noch schwer ist die Folgen der Ukraine-Krise zu bewerten, glauben manche Analysten, dass Chinas Wirtschaft von der Umsetzung der europäischen und amerikanischen Sanktionen gegen Russland profitieren wird.

In seiner Einleitung zu der Analyse schreibt François Godement, Leiter des „China and Asia” Programms des ECFR: “China has interests rather than friends and these interests suggest above all the need to exercise caution. The overall picture that emerges is of a China that is too restrained to act as a great power, and that decides its involvement on a highly selective case-by-case basis. Perhaps most importantly, it reserves its hard power strength for China’s immediate neighbourhood.” 

Der European Council on Foreign Relations vertritt keine gemeinsamen Positionen. ECFR-Publikationen geben lediglich die Ansichten der einzelnen Autor:innen wieder.