Algerien: ein unzuverlässiger Partner für Europa

Um von russischem Gas unabhängiger zu werden, wendet sich die EU verstärkt an Algerien

Publication cover
Gesamter Text verfügbar auf
Zusammenfassung verfügbar auf

Algerien: ein unzuverlässiger Partner für Europa

Die Beziehungen der EU zu Algerien sind problematisch, weil sie Sicherheit über langfristige Stabilität stellen, und viel zu wenig die Menschenrechtsverletzungen der algerischen Regierung thematisieren. Obwohl Algerien der drittgrößte Versorger von Erdgas der EU ist, muss es immer noch als „unzuverlässiger Partner“ für Europa bezeichnet werden bis es konsequenter innenpolitische Probleme angeht.

Trotz angekündigter Reformen bietet die 4. Wiederwahl von Abdelaziz Bouteflika als Präsident kaum Anlass zur Hoffnung für eine nachhaltige Verbesserung.  Die EU wird mit der jetzigen Regierung arbeiten müssen – trotz fundamentaler Differenzen zur algerischen Innenpolitik. Aber der Einfluss der EU ist begrenzt und Algerien zudem misstrauisch.

Da 80% der Algerischen Gasexporte nach Europa gehen, wendet sich die EU verstärkt an Algerien um von russischem Gas unabhängiger zu werden. Diese Verlagerung in der Energieversorgung der EU von Russland nach Algerien wird von zwei Faktoren behindert:

  • Algeriens Eliten wollen ihre Beziehungen mit Russland nicht gefährden
  • Algerien exportiert jetzt weniger Gas, weil es einen größeren Anteil davon selbst nutzt und insgesamt weniger Gas fördert.

Algeriens Oppositionsparteien bleiben schwach, geteilt und unfähig, eine glaubwürdige Alternative zum Regime zu bieten. Durch eine Reihe von sozialen, politischen und wirtschaftlichen Problemen ist Algeriens Ruf in der EU beschädigt.

  • Abhängigkeit von Einnahmen durch Öl und Gas
  • Weit verbreitete Armut und Ungleichheit
  • Aufgeblähter staatlicher Sektor, ineffizientes Bankensystem und Bürokratie
  • Hohe Arbeitslosigkeit und  weit verbreitete Korruption
  • Ethnische Konflikte und Terrorismusgefahr durch Al-Qaeda im islamischen Maghreb (AQIM)

Die EU war bislang zu wenig bemüht auf diese steigenden Herausforderungen zu reagieren und besitzt keine aktive Strategie um diese Probleme anzugehen. Die EU sollte auf ihr positives Image bei den meisten Algeriern bauen und mehr in die Zivilgesellschaft investieren. Gerade weil Algerien so wichtig für die Sicherheit der Region geworden ist, haben die westlichen Partner sich zurückgehalten, Druck auf das Regime hinsichtlich bestehender Probleme auszuüben, die sich in erster Linie auf die Demokratie und Menschenrechte beziehen. Die EU braucht Algerien als Partner in der Region. Aber angesichts der bestehenden Situation und der gravierenden Probleme, kann es noch nicht der Partner sein, den Europa sich wünscht.

 

Über den Autor

Mansouria Mokhevi ist Berater für den Nahen Osten und das Nördliche Afrika am Institute francais des relations internationals (ifri) und unterrichtet an der New York Universität in Paris.

Der European Council on Foreign Relations vertritt keine gemeinsamen Positionen. ECFR-Publikationen geben lediglich die Ansichten der einzelnen Autor:innen wieder.