China im neuen „Xi-Zeitalter“

In China ist mit dem Machtausbau der letzten fünf Jahre das Xi-Zeitalter angebrochen, das nun auch in der Parteiverfassung zementiert ist

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China verändert sich: Innenpolitisch rutscht das Land vom Autoritarismus in den Totalitarismus ab. Und außenpolitisch tritt Peking immer entschlossener auf. Diese neue China Analysis zeichnet die Entwicklungen um den 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) nach, der eine Zeitenwende in China einläutet. Die Autoren der Studie betrachten den historischen Kongress hinsichtlich der ideologischen, sowie der innen- und außenpolitischen Bedeutung für China.

Jean Christopher Mittelstaedt unterstreicht, dass diese „neue Ära“ nicht unterschätzt werden sollte und maßgelblich Einfluss auf Chinas Politik hat. Das beginnt bei Chinas Führung. Präsident Xi Jinping ist Dreh- und Angelpunkt dieses neuen Zeitalters, wie der wohlorchestrierte Parteitag gezeigt hat. Mit einer klaren Machtdemonstration wurde „Xi Jinpings Denken über den Sozialismus chinesischer Prägung für eine neue Ära“ als neue politische Theorie in der Parteiverfassung verankert.

Seine Kampagne zur “ideologischen Festigung“ zielte in den letzten 5 Jahren darauf ab, maoistische und marxistische Prinzipien innerhalb der Gesellschaft wiederzubeleben und die Zustimmung für die KPC zu stärken. Xi Jinpings letzte Anordnung hat eine persönlichere Note: Im Bestreben die jüngere Generation auf Linie der Parteiideologie zu bringen, setze er das Studium von „Xi Jinpings Gedanken“ auf den Lehrplan in Schulen und Universitäten.

Doch ist Xi Jinpings Ideologie bereits in der chinesischen Gesellschaft verankert? Die verschärfte Kontrolle scheint die Bevölkerung zum Schweigen zu bringen. Ob dies jedoch das Resultat von Vertrauen in oder von Angst vor der Partei und ihrer Führungsriege ist, bleibt unklar, sagt Angela Stanzel.

Xi Jinpings Aufstieg zu absoluter politischer Autorität daheim könnte sich auch auf die internationale Macht Chinas auswirken. Heike Holbing beschreibt Chinas anspruchsvolle Agenda, die Weltordnung nach chinesischen Interessen zu formen. Eine Führungspersönlichkeit wie Xi, der historische Veränderungen im Inland erzielen kann und gleichzeitig das Land der Globalisierung weiter öffnet, gilt für viele als Zeichen dafür, dass China eine globale Führungsrolle übernehmen kann. Insbesondere in Zeiten, in denen sich die USA als globale Ordnungsmacht zurückziehen und Chinas Kritik am Westen in der Zeit von Trump und Brexit größer wird.

Wieviel der Rhetorik um den “Ansatz einer neuen Form von Großmacht“ in Chinas Politik einfließt, wird von Yevgen Sautin hinterfragt. Er zeigt, dass die sino-amerikanischen Beziehungen – abgesehen von der Einführung einiger Schlagworte wie Respekt – sehr an das Verhältnis der beiden Staaten im 19. Jahrhundert erinnern.

Der European Council on Foreign Relations vertritt keine gemeinsamen Positionen. ECFR-Publikationen geben lediglich die Ansichten der einzelnen Autor:innen wieder.