Black Coffee Morning: “Parteiendämmerung – Politischer Wandel in Spanien”

What does the lack of clear majorities mean for Spanish politics and the EU? How can developments in other EU member states help to explain potential repercussions of the current crisis on the Spanish party system? Black Coffee Morning with José Ignacio Torreblanca and Olaf Wientzek.

Guests

José Ignacio Torreblanca, Leiter des ECFR Büros in Madrid & Senior Policy Fellow

Olaf Wientzek, Koordinator für Europapolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung

Chaired by

Josef Janning, Senior Policy Fellow und Leiter des Berliner ECFR Büros

Spanien befindet sich in einer Phase des Umbruchs seines Parteiensystems. Aus den Parlamentswahlen Ende 2015 ging zum ersten Mal in der Geschichte der spanischen Demokratie keine klare Regierungsmehrheit hervor. Premierminister Rajoy wurde mit seiner Partido Popular zwar stärkste Kraft, ist aber weit davon entfernt, eine Regierung bilden zu können. Seit 1982 haben sich PP und die sozialistische Partei PSOE in der Regierungsverantwortung abgewechselt. In den letzten Wahlen vor der Krise im Jahr 2008 hatten Sie zusammengenommen noch fast 85 Prozent der Stimmen der spanischen Wählerinnen und Wähler auf sich vereint. Jetzt ist ihr Anteil auf 50 Prozent zusammengeschrumpft. Mit Ciudadanos und Podemos haben sich zwei neue Parteien als attraktive Alternativen positioniert. Spanien steht vor einer neuen Ära von Koalitionsregierungen, auch wenn keine klaren Mehrheiten erkennbar sind und derzeit noch gegenseitige Blockade und Streit vorherrschen. Was bedeutet dies für die spanische Politik – auch im Rahmen der Europäischen Union? Welche Erkenntnisse können wir aus anderen EU-Mitgliedstaaten über die Auswirkungen der Krise auf die Parteienlandschaft gewinnen – auch aus Deutschland?

Diese und weitere Fragen diskutierten wir gemeinsam mit dem profilierten Kenner der spanischen Politik José Ignacio Torreblanca, der in seinem kürzlich erschienenen Buch „Asaltar Los Cielos“ das Phänomen „Podemos“ greifbar macht. Aus deutscher Sicht kommentierte Olaf Wientzek.

Das Gespräch konzentrierte sich schließlich auf die historischen wie europäischen Entwicklungen, die zu der momentanen Pattsituation geführt haben. Spaniens Wahlsystem hat die binomiale Parteienlandschaft lang genug begünstigt, wobei Podemos und Ciudadanos es geschafft haben, Wählergruppen besser zu repräsentieren – allein fehlen dringend notwendige Reformen des alten Systems, um den neuen Verhältnissen Ausdruck zu verleihen. Das Wahlergebnis ist somit Ausdruck eines tiefgreifenden Reformbedarfs. Die Polarisierung der spanischen Politik erfolgt im Gegensatz zu vielen europäischen Pendants nicht entlang den gewohnten nationalistischen und anti-europäischen Linien, sondern fokussiert sich auf soziale Aspekte, Korruption und anti-Establishment Empfindungen.