Putins Hydra: Russlands Geheimdienste von Innen
Europas Bild von Russlands Geheimdiensten ist lückenhaft und auf veralteten Vorstellungen basiert
Russlands Geheimdienste sind nicht allmächtig im Kreml. Im Gegenteil: sie sind zerstritten und abgelenkt durch bürokratische Machtskämpfe. Sie liefern außerdem wenig relevante Informationen. So geraten letztendlich Vladimir Putins Interessen in Gefahr.
Auf Basis von Interviews mit ehemaligen und aktuellen Funktionären der Geheimdienste, erklärt dieses neue Papier wie Russlands Geheimdienste (nicht) funktionieren. Argumentiert wird, dass Europas Bild lückenhaft ist und auf veralteten Vorstellungen basiert. Es muss angepasst werden.
Die Nachrichtendienste sind nicht die eigentlichen Herrscher. Sie sind dem Kreml unterstellt, und werden von Putin gegeneinander ausgespielt. Die Geheimdienste agieren nicht gemeinsam, sondern völlig disparat. Ihre Solidarität verschwindet wie Schnee in der Sonne, sobald sich eine Möglichkeit für Bereicherung oder Machtzuwachs ergibt.
Die Geheimdienste kopieren sich gegenseitig. Anstatt Informationen zu teilen, befinden sie sich in einem Wettbewerb. Aus der Notwendigkeit heraus dem Kreml Ergebnisse zu liefern und den Machtapparat gnädig zu stimmen, werden Ergebnisse auf wenig solider Basis zusammengeschustert. Dem Präsidenten werden geschönte Ergebnisse präsentiert, niemand will in einem schlechten Licht stehen.
Auf Grundlage einer nachwievor bestehenden „Kalter Krieg“ Denkart, ergreifen Russlands Geheimdienste im Ausland vergleichsweise extreme Maßnahmen. Obwohl diese im Westen taktisch effektiv scheinen, sind sie strategisch tatsächlich gefährlich. Sie bestätigen leider auch das negative Russland Bild.
Europäische Regierungen könnten das Handeln der russischen Geheimdienste durch ein stärkeres Vorgehen zügeln. Das heißt nicht nur in Spionageabwehr zu investieren, sondern auch in die Eindämmung eigener Angriffsflächen, die die Kampagnen des Kremls erst ermöglichen.
Der European Council on Foreign Relations vertritt keine gemeinsamen Positionen. ECFR-Publikationen geben lediglich die Ansichten der einzelnen Autor:innen wieder.