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PolitikNahost

US-Bomber auf "Warnflug" am Persischen Golf

14. Dezember 2020

Washington "warnt" Teheran durch zwei strategische Bomber über dem Persischen Golf. Irans Gegner am Golf suchen aber auch woanders Sicherheitsgarantien.

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USA Iran Spannungen Symbolbild U.S. Air Force B-52
(Archiv) B-52 Bomber der US-LuftwaffeBild: Reuters/K. Hong-Ji

36 Stunden waren die beiden Langstreckenbomber vom Typ B-52 in der Luft, die vergangenen Mittwochabend Ortszeit in Louisiana starteten, um schließlich über dem westlichen Teil des Persischen Golfs in der Nähe von Katar und Bahrain eine große Kurve für den Rückflug über Saudi-Arabien zu ziehen. Sie blieben dabei in "sicherer Distanz zur iranischen Küste", wie das US-Militär mitteilte. Maschinen der drei genannten Länder hätten die US-Bomber bei ihrem Flug in der Region begleitet, hieß es weiter. Ende November war bereits eine ähnliche Bomberstaffel in die Region entsandt worden.

"Potenzielle Gegner (der USA) sollten verstehen, dass keine Nation auf der Erde eine größere Bereitschaft und Befähigung (als die USA) hat, im Falle einer Aggression schnell zusätzliche Kampfkraft einzusetzen", hieß es in einem Statement des Kommandeurs des US-Regionalkommandos für Nordafrika, den Nahen Osten und Zentralasien (CENTCOM), General Kenneth F. McKenzie Jr.f

"Beweis für gute Zusammenarbeit"

Darüber hinaus habe die Mission der strategischen Bomber und ihre "rasche Integration mit mehreren regionalen Partnern unsere enge Zusammenarbeit mit diesen gezeigt sowie unser gemeinsames Engagement für regionale Sicherheit und Stabilität." CENTCOM veröffentlichte einen Tweet mit Aufnahmen vom Start der riesigen achtstrahligen Maschinen, die auch mit Atombomben bestückt werden können. Die B-52 wurde bereits im Vietnam-Krieg eingesetzt und dient den USA weiterhin als Symbol ihrer globalen strategischen Reichweite.

 

Die Demonstration militärischer Stärke erfolgt zwischen zwei für den Iran schmerzhaften Daten: Vor zwei Wochen wurde Mohsen Fachrisadeh, der Kopf seines langjährigen militärischen Atomprogramms, durch ein Attentat mutmaßlich israelischer Planung getötet, und Anfang Januar jährt sich die Tötung des damaligen Kommandeurs der Al-Kuds-Brigaden, Kassem Soleimani, durch eine amerikanische Drohne im Irak.

"Unsere Botschaft an Teheran"

Bereits kurz nach dem Attentat auf Fachrisadeh hatte der Iran erklärt, die USA trügen dafür eine Mitverantwortung. Die iranische Führung müsse "das Verbrechen verfolgen und die Täter und diejenigen, die das befohlen haben, bestrafen", schrieb der geistliche Führer Ajatollah Ali Chamenei auf Twitter. In einer vom regierungsnahen US-Forum "Defense One" ausgerichteten virtuellen Konferenz sagte US-General McKenzie, er gehe davon aus, dass sich die iranische Führung noch unsicher sei, wie sie auf die Ermordung ihres Top-Atomwissenschaftlers reagieren solle. "Unsere Absicht ist es, Teheran davon zu überzeugen, dass es nicht in seinem Interesse liegt, zurückzuschlagen und uns direkt oder indirekt anzugreifen."

USA | General Kenneth McKenzie
US-General McKenzieBild: Getty Images/A. Wong

Der künftige Kurs Washingtons gegenüber dem Iran hängt vor allem von dessen weiteren Schritten in der Atomfrage ab. Laut iranischem Parlamentsbeschluss, der vom Wächterrat gebilligt wurde, soll die die iranische Atomorganisation AEOI künftig stärker angereichertes Uran als bislang horten. Außerdem soll UN-Inspektoren der Zugang zu den iranischen Atomanlagen verweigert werden.  Allerdings signalisierte Präsident Rohani, der Iran würde seine Verpflichtungen gemäß dem Abkommen wieder einhalten, sobald auch die USA das täten. "Alles, was es braucht, ist eine Unterschrift (vom neu gewählten US-Präsident Joe Biden), und in kürzester Zeit werden wir alle wieder dort sein, wo wir früher waren", so Rohani.

Trumps letzte Aktionen "maximalen Drucks" 

Noch ist allerdings die Regierung Trump im Amt, welche die Entsendung der Langstreckenbomber sowie einer Kampfgruppe um den Flugzeugträger "USS Nimitz" zum Persischen Golf abgesegnet hat. "In seinen letzten Amtswochen beharrt der scheidende US-Präsident Donald Trump darauf, der Nahostpolitik der USA seinen Stempel aufzudrücken", schreibt der politische Beobachter Ali Hashem im Magazin "Al-Monitor". "Trump will, dass die bis in seine letzten Amtstage fortgesetzten Sanktionen und der Druck auf den Iran es dem designierten Präsidenten Joe Biden erschweren, den Iran wieder auf das Atomabkommen einzuschwören."

USA Weißes Haus | Donald Trump, Präsident
Experte: "Sanktionen von Trump sollen Biden erschweren, den Iran wieder auf das Atomabkommen einzuschwören"Bild: Patrick Semansky/AP Photo/picture alliance

Druck auf den Iran versuche Trump auch durch regionale diplomatische Aktivitäten seines Beraters Jared Kushner auszuüben, schreibt Hashem. Bei dessen Gesprächen in Katar und Saudi-Arabien Anfang Dezember habe Kushner versucht, die beiden Staaten, zwischen denen ein äußerst angespanntes Verhältnis besteht, miteinander zu versöhnen und in eine gemeinsame Front gegen den Iran zu bringen.

Verlass auf USA erschüttert

Sollten die Golfstaaten ihr Verhältnis untereinander normalisieren, wäre dennoch fraglich, ob sie sich zu einer gemeinsamen Position gegenüber dem Iran zusammen finden würden. So hätten Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) an einer Eskalation gegenüber dem Iran kein Interesse, schreibt die Nahost-Analytikerin Cinzia Bianco vom "European Council on Foreign Relations", wenn sie dabei nicht auf eine glaubwürdige militärische Abschreckung durch die USA verlassen können.

Eben daran konnten sie im Sommer 2019 zweifeln, als die USA auf - mutmaßliche - Angriffe Irans auf Ölfrachter der VAE und saudische Erdölförderanlagen nicht reagierten. Damals habe sich bei den Golfstaaten die Einschätzung verfestigt, dass die USA ihr Engagement in der Region herunterfahren, schreibt Bianco, und dass sie deshalb ihre Sicherheitsinteressen stärker in die eigenen Hände nehmen müssen.

Infografik Vergleich Streitkräfte USA Iran Saudi-Arabien Israel DE

Dialog mit dem Iran und Sicherheitsbedürfnis

Dazu gehören auch begrenzte Gesprächskanäle auf niedriger Ebene mit dem Iran, die von den VAE und Riad nach jenen Angriffen eröffnet wurden. Jegliche weitergehenden diplomatischen Initiativen für eine Verständigung mit dem Iran hänge für die Golfstaaten jedoch von internationalen Sicherheitsgarantien ab. Diese Garantien sähen diese Länder aber nicht mehr ausschließlich durch die USA gegeben, sondern durch ein "Sicherheitsmosaik" aus verschiedenen Staaten mit verschiedenen Interessen am Golf, darunter Russland, China, Südkorea, Japan, schreibt Bianco. Auch für Europäer sähen die Golfstaaten eine positive Rolle bei Gesprächen mit dem Iran, sollten dafür die Bedingungen reif sein. Denn den Europäern werde Einfluss auf Teheran unterstellt.

 

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika