Deutschland hat sechs Soldaten zur Koordinierung der weiteren Hilfe nach Erbil im Nordirak entsandt. Seit Mittwoch sei "ein militärisches Verbindungselement" mit sechs Soldaten am Generalkonsulat in Erbil eingerichtet, teilte die Bundeswehr mit.

Die Bundeswehr unterstütze damit das Außenministerium bei der Abgabe von zivilen Hilfsgütern und militärischen Rüstungsgütern. Sie arbeitet dabei mit der irakischen Regierung und der kurdischen Regionalregierung zusammen. Die erste Lieferung militärischer Ausrüstung für den Schutz der Kämpfer gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sei zusammengestellt. Der Transport werde "zeitnah erfolgen", hieß es weiter.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder benannte mögliche Waffentypen für die Lieferung an die Kurden im Irak. "Sie brauchen panzerbrechende Waffen, Minenräumgeräte, Nachtsichtgeräte sowie Gewehre und Munition", sagte Kauder dem Handelsblatt. Deutschland müsse "so schnell als möglich" liefern. "Ansonsten würden die Terroristen von der IS wahrscheinlich auch noch in Kurdistan einfallen."

Die Bundesregierung will bis Ende der Woche über Waffenlieferungen an die Kurden im Irak entscheiden. Danach soll entgegen ursprünglichen Planungen nun möglicherweise doch der Bundestag abstimmen. Die Abstimmung könne am kommenden Montag stattfinden, hieß aus Koalitionskreisen. Ziel sei eine "symbolische Unterstützung", die Resolution des Parlaments werde nicht bindend sein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete den IS-Terror als Völkermord. "Es ist ein schreckliches Gräuel. Man kann von einem Völkermord sprechen", sagte die CDU-Chefin in einem Interview von CDU.TV.

Die US-Streitkräfte setzten unterdessen ihre Angriffe auf die Terrormiliz im Irak fort. Nach Angaben des US-Zentralkommandos in Tampa (US-Bundesstaat Florida) haben die USA seit dem 8. August 101 Luftschläge gegen die IS geführt. Am Mittwoch seien Ziele in der Nähe des kurdischen Erbil und beim Mossul-Staudamm attackiert worden.

Vereinte Nationen beklagen brutale Kriegsverbrechen

Die Vereinten Nationen warfen dem IS vor, wie im Irak auch im benachbarten Syrien brutalste Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen. So würden IS-Milizen in ihrem Herrschaftsgebiet zur Abschreckung regelmäßig öffentliche Hinrichtungen veranstalten und selbst Kinder zum Zuschauen zwingen.

Mit Waffenlieferungen wollen neben Deutschland immer mehr westliche Länder die Armee und die Kurden im Norden des Landes für den Kampf gegen die grausame IS-Miliz stärken. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums schicken neben den USA nun auch Kanada, Kroatien und Albanien Kriegsgerät. Das dänische Parlament billigte am Mittwoch einstimmig den Einsatz eines Hercules-Flugzeugs für den Transport von Waffen in das Krisengebiet.

Tschechien beschloss die Lieferung von Munition. Die Mitte-Links-Regierung in Prag entschied am Mittwoch, mehrere Millionen Patronen für Kalaschnikow-Maschinenpistolen sowie Handgranaten und Panzerabwehrwaffen bereitzustellen. Die Munition im Wert von rund 1,48 Millionen Euro werde von der US-Armee in den Irak transportiert, sagte Verteidigungsminister Martin Stropnicky am Abend der Agentur CTK.

Auch der deutsche General Hans-Lothar Domröse schätzte die Lage im Irak als "dramatisch" ein. Die Kurden könnten der IS-Miliz jedoch durchaus Paroli bieten. "Sie sind in der Lage, sie zu bekämpfen", fügte der Befehlshaber des Nato-Streitkräftekommandos, das auch den Einsatz in Afghanistan führt, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Kabul hinzu.

Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Josef Janning sind die Kurden derzeit der "moderateste und einigermaßen verlässlichste Akteur" im Kampf gegen die Terrormiliz. Die Bundesregierung schätzt den harten Kern der IS auf bis zu 15.000 Kämpfer. Allein im Irak sind demnach bis zu 7.000 IS-Milizionäre im Einsatz. In Syrien sollen es zwischen 3.000 und 8.000 sein.

Medien: USA beginnen Aufklärungsflüge über Syrien

Italien, Frankreich und Großbritannien haben ebenfalls Rüstungslieferungen angekündigt. Als eines der ersten Länder hatte der Iran mit Waffenlieferungen begonnen, wie der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak, Massud Barsani, in Erbil mitteilte. Dänemark will ein Hercules-Flugzeug in den Irak schicken. Dieses könnte mit leichten Waffen beladen werden, die aber nicht aus Dänemark kommen.

Amerika unterstützt die kurdischen Kämpfer seit Anfang August mit Luftangriffen gegen IS im Nordirak. Nach Angaben des TV-Senders NBC begann das US-Militär zudem mit Aufklärungsflügen über Syrien als Vorbereitung für mögliche Luftangriffe gegen dortige Stellungen der Terrormiliz.

Das Weiße Haus in Washington bestätigte die Berichte nicht. Allerdings sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa: "Wir schränken unsere Optionen nicht durch geografische Grenzen ein, wenn es um unsere zentrale Mission geht, unsere Bürger zu beschützen."

Schutzausrüstung steht zum Abtransport bereit

Nach US-Medienberichten hatte Präsident Barack Obama Drohnenflüge bereits am Wochenende genehmigt. Die Terrormiliz IS will ein länderübergreifendes Kalifat mit Irak und Syrien errichten und hat dabei bereits zahlreiche Gräueltaten gegen Zivilisten verübt. Al-Rakka in Syrien gilt als die Hochburg der Islamisten.

Die Bundesregierung prüft die kostenlose Lieferung von Handfeuerwaffen und panzerbrechenden Waffen. Schutzausrüstung steht dagegen bereits zum Abtransport bereit: 4.000 Schutzwesten, 4.000 Helme und 700 Funkgeräte sowie 20 Metallsuchgeräte, 30 Minensonden, 40 Werkzeugsätze zur Munitionsbeseitigung und 680 Nachtsichtgeräte sollen in den nächsten Tagen von Leipzig aus in die Kurden-Hauptstadt Erbil geflogen werden.