Wenn heute über die möglichen Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone geredet wird, kommt die Sprache immer wieder auf Argentinien. Für deutsche Medien ist das südamerikanische Land ein abschreckendes Beispiel: Der traurige Zustand der argentinischen Wirtschaft und des dortigen politischen Systems zeige, wie dramatisch ein Staatsbankrott und eine Abwertung für Griechenland werde, lautet der Tenor.

Tatsächlich ist das ein verkürztes Urteil. Die unmittelbaren Folgen des Bankrotts und der Abwertung vor 14 Jahren waren zwar dramatisch für die Bevölkerung. Doch danach erholte sich die Wirtschaft schnell wieder und wuchs über Jahre schneller als jene des – damals oft gelobten – Nachbarlandes Brasiliens. Der erneute Abstieg ins Chaos folgte erst weit später.

Die ökonomischen Parallelen zwischen Griechenland heute und Argentinien im Jahr 2001 sind frappierend: Wie Griechenland hatte Argentinien jahrelang am Tropf des Internationalen Währungsfonds (IWF) gehangen, wie Griechenland hatte das Land immer neuen Sparprogrammen zustimmen müssen und war immer tiefer in die Rezession gerutscht. Die Arbeitslosigkeit war von rund 7 Prozent Anfang der 1990er Jahre auf fast 20 Prozent im Jahr 2001 gestiegen.

Der Peso war an den US-Dollar gebunden

Sowohl Argentinien als auch Griechenland hatten zum Krisenbeginn Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit. In beiden Ländern waren die Löhne zu stark gestiegen, beide konnten nicht einfach abwerten – Griechenland nicht, weil es ja im Euro ist, und Argentinien nicht, weil es damals ein besonderes Währungsregime hatte, bei dem der Peso per Gesetz 1 zu 1 an den US-Dollar gebunden war und die Notenbank nur neue Pesos herausgeben durfte, wenn man dort Dollar eintauschte.

Weil im Herbst 2001 zunehmend zweifelhaft wurde, ob der IWF seine Kredite verlängern würde, hoben die Argentinier ihr Geld von den Banken ab und tauschten es in US-Dollar. Ähnlich wie die griechische Zentralbank heute konnte die argentinische Notenbank ihren Banken keine Unterstützung mehr geben. In Argentinien nicht, weil die Notenbank die nötigen Dollar-Reserven nicht hatte. In Griechenland heute nicht, weil die EZB per Dekret die Summen begrenzt, die für Notkredite an die Banken vergeben werden dürfen.

Über Monate verschärfte sich das Chaos in Argentinien. Der IWF war mit dem Reformfortschritt in Buenos Aires nicht zufrieden und stellte zu guter Letzt die Hilfskredite ein. Die Regierung fror als Notmaßnahme im Dezember die Bankguthaben ein. Als Folge kam es zu Protesten und Unruhen mit Plünderungen und Toten.

In einem chaotischen Winter 2001/02 verlor das Land innerhalb von wenigen Wochen zwei Präsidenten durch Rücktritte. Der im Januar 2002 neu ernannte Eduardo Duhalde zog dann einen Schlussstrich: Nachdem sein Vorgänger wenige Tage zuvor bereits die Zahlungsunfähigkeit des Landes gegenüber ausländischen Gläubigern erklärt hatte, beendete Duhalde auch die Währungsanbindung. Der Peso wertete fast sofort von der Parität zum Dollar auf einen Wechselkurs von 1 zu 4 ab.