So gut gelaunt hat sich Baschar al-Assad lange nicht mehr gegeben. Zum Osterfest tourte er durch das halb zerstörte christliche Pilgerdorf Maaloula, das seine Truppen gerade zurückerobert hatten; er ließ sich von Soldaten feiern und rief den Bewohnern zu, man werde Syrien zusammen wieder aufbauen. Der starke Mann aus Damaskus fühlt sich auf der Siegerstraße. Seine Truppen sind an vielen Fronten auf dem Vormarsch, auch wenn die Rebellen weiterhin beträchtliche Landstriche im Norden kontrollieren.

Und so will sich Assad nun am 3. Juni für eine dritte, siebenjährige Amtszeit wiederwählen lassen – ein Schachzug, der bei den Vereinten Nationen, den USA und der Europäischen Union auf scharfe Kritik stößt. Das Vorhaben werde den politischen Prozess beschädigen und die Aussichten für eine politische Lösung des Bürgerkriegs erschweren, ließen UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und sein Syrien-Vermittler Lakhdar Brahimi erklären. Sie bezeichneten die Pläne Assads als unvereinbar mit dem Geist des Genfer Kommuniqués, welches eine nationale Übergangsregierung aus Vertretern von Regime und Opposition vorsieht. Washington und Brüssel sprachen von einer "Parodie der Demokratie", die syrische Opposition verurteilte Assads Pläne als Farce.

Doch der Diktator setzt voll auf Durchmarsch. Man habe einen Wendepunkt erreicht – militärisch und im Kampf gegen den Terror, erklärte er. Bis Ende des Jahres sei "die aktive Phase" auf dem Schlachtfeld vorbei, versicherte er Anfang des Monats einer russischen Delegation. Die komplette Eroberung der Rebellenhochburg Homs scheint nur noch eine Frage der Zeit. Aus Aleppo melden Beobachter die heftigsten Angriffe von Regierungstruppen seit fast zwei Jahren. Systematisch und ohne Gegenwehr bombardiert die Luftwaffe im ganzen Land Wohnviertel mit ihren berüchtigten Fassbomben.

Nach westlichen Informationen kam es in der vorvergangene Woche erstmals seit August 2013 wieder zu Angriffen mit Chemikalien auf die Zivilbevölkerung, als Kampfhubschrauber über dem Dorf Kafr Zita nahe Hama offenbar mit Chlorgas gefüllte Bomben abwarfen. Die speziellen Chemiewaffenbestände Syriens sind nach Angaben der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mittlerweile zu 65 Prozent außer Landes gebracht. Ihre Verschiffung soll bis Ende Juni abgeschlossen sein.

Ukraine absorbiert den Westen

Aber auch international, so kalkuliert das Regime, lässt der Druck nach. Europa und die USA sind durch die Krise in der Ukraine absorbiert. US-Präsident Barack Obama weigert sich nach wie vor, den Rebellen Boden-Luft-Raketen zu liefern und ihnen so zu einem entscheidenden Vorteil im Bürgerkrieg zu verhelfen.

Allerdings tauchten in den vergangenen Wochen erstmals Videos auf, die Kämpfer mit Panzer brechenden US-Raketen zeigen – offenbar ein Pilotprojekt zur Bewaffnung, mit dem die CIA prüfen will, ob die moderaten Assad-Gegner solche brisanten Waffen unter ihrer Kontrolle behalten können. Denn die Gefechte zwischen moderaten und radikalen Rebellengruppen sind in Teilen des Landes inzwischen heftiger als gegen die Einheiten des Regimes.

Golfstaaten denken um

Und so scheint sich auch in Saudi-Arabien ein Umdenken breit zu machen. Mit dem gemeinsamen Waffenfinanzier Katar liegt das Königshaus wegen dessen Ägypten-Politik mittlerweile offen über Kreuz. Prinz Bandar al-Sultan, der in den vergangenen drei Jahren für die Waffenhilfe an die syrischen Aufständischen verantwortlich war, wurde dieses Dossier jetzt entzogen. Vorige Woche verlor er auch seinen Posten als Geheimdienstchef. Die Syrienpolitik liegt nun in den Händen von Innenminister Prinz Mohammed bin Nayef. Denn offenbar bewertet das Königshaus die Gefahr der mit saudischem Ölgeld herangezüchteten Gotteskrieger inzwischen höher, als einen regionalen Machtgewinn durch Assads Sturz, dessen Staat faktisch in Trümmern liegt.

150.000 Menschen haben bisher ihr Leben verloren, mehr als 600.000 sind verletzt. Beträchtliche Teile der Infrastruktur sind verwüstet, knapp die Hälfte der Bevölkerung ist obdachlos oder auf der Flucht. Der syrische Wirtschaftsexperte Jihad Yazigi, der Syriens Kriegswirtschaft in einer Studie für das European Council on Foreign Relations analysiert hat, spricht von einer Zerstörung vergleichbar mit dem Niveau des Zweiten Weltkriegs. Selbst wenn der Konflikt auf der Stelle gestoppt würde und die Wirtschaft jedes Jahr um fünf Prozent wachse, "würde die syrische Wirtschaft dreißig Jahre brauchen, um wieder das Niveau von 2010 zu erreichen".