Der Terminplaner von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu ist in diesen Tagen übervoll. François Hollande am Sonntag, Wladimir Putin am Mittwoch, John Kerry am Freitag: In Tel Aviv wird derzeit häufig der rote Teppich ausgerollt. Netanjahu sucht händeringend Verbündete, um einen Deal über das iranische Atomprogramm zu verhindern.

In Jerusalem hält man die Einigung auf ein Übergangsabkommen mit dem Iran bei der neuen P5+1-Treffen-Gesprächsrunde ab Mittwoch in Genf für fast sicher. Der bisherige Verlauf scheint dies tatsächlich möglich zu machen. "Die Qualität der P5+1-Gespräche ist nicht zu vergleichen mit den Verhandlungen der letzten Jahre unter Ahmadinedschad", erklärt Markus Kaim, Politikanalyst bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "Damals mussten sich die Unterhändler stundenlange Belehrungen über fehlenden Respekt und die Rolle des Irans in der Weltgeschichte anhören. Wenn jetzt die Außenminister hinzugezogen werden, scheinen dort wirklich ernsthafte Verhandlungen stattzufinden."

Doch praktisch jeder Deal, der dort entstehen könnte, scheint für Netanjahu inakzeptabel. Seine diplomatische Offensive ist nun der letzten Versuch, doch noch eine der Verhandlungsparteien auf seine Seite zu ziehen. Doch sein Einfluss schwindet – vor allem auf die USA, die in der Vergangenheit stets an seiner Seite standen.


Netanjahu will vollständige Aufgabe des Nuklearprogramms

"Der Transformationsprozess in der arabischen Welt und die Wahl Ruhanis im Iran haben in den USA zu einem Nachdenken über die Nahost-Politik geführt", sagt Kaim. "Die Kritik an Israel, wie wir sie von der Obama-Administration vernehmen, wäre früher undenkbar gewesen. Auch, weil pro-israelische Lobbygruppen in den USA nicht mehr so stark sind wie früher."

Zwar versucht US-Außenminister John Kerry vor der Fortsetzung der Atomgespräche in Genf, Israel zu beruhigen. In Washington erklärte er, es würde kein Verhandlungsergebnis geben, das für Israel zusätzliche Risiken bedeutet. Doch kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass zwischen den USA und Israel die schlechtesten Bedingungen seit Langem herrschen.

Washington kritisiert Israels Siedlungspolitik so offen wie kaum je zuvor. Persönlich sollen sich Netanjahu und US-Präsident Obama nicht allzu gut verstehen. Und als John Kerry vergangene Woche Netanjahu auf dem Flughafen in Tel Aviv zu Vorgesprächen traf, soll es zum offenen Streit gekommen sein. Israel ist enttäuscht von den USA als seinem wichtigsten Bündnispartner, weil diese sich nach Ansicht Netanjahus bei den Verhandlungen der internationalen Gemeinschaft mit Teheran zu kompromissbereit zeigen. Der Dissens über das iranische Atomprogramm ist gewaltig.

"Für Israel geht es um deutlich mehr als nur Fragen der Urananreicherung, Inspektionen durch die IAEA oder den Schwerwasserreaktor in Arak", erklärt Israelexperte Daniel Levy vom European Council on Foreign Relations. "Netanjahu scheint einzig einen Deal akzeptieren zu wollen, der eine vollständige Aufgabe jeglicher atomarer Bestrebungen Irans bedeutet. So etwas ist aber unvorstellbar. Die USA gehen offenbar davon aus, das Programm auch mit Verträgen kontrollieren zu können – und dennoch einen für Israel akzeptablen Deal aushandeln zu können."