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Sarkozy vs. Hollande Wer wird Merkels neuer Tandempartner?

Wenige Tage vor der ersten Runde der Präsidentenwahl in Frankreich hält Nicolas Sarkozys sozialistischer Herausforderer François Hollande in letzten Umfragen seinen Vorsprung. Im Kanzleramt sieht man der Entscheidung inzwischen gelassen entgeegn.

Als die CDU am 28. Januar ankündigte, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel im französischen Wahlkampf Präsident Nicolas Sarkozy unterstützen werde, war die Aufregung groß. Tagelang wurde diskutiert, ob dies sein dürfe - zumal das Kanzleramt zugleich betonte, ein Treffen mit dem sozialistischen Herausforderer Francois Hollande sei nicht geplant.

Doch inzwischen hat sich die Lage entscheidend verändert: Sarkozy hat die Auftritte Merkels gestrichen, weil er seine Wahlkampfstrategie geändert hat. SPD-Chef Sigmar Gabriel ist zusammen mit Hollande in Paris aufgetreten. Und in Deutschland denkt man angesichts der weiteren Führung des Sozialisten in Umfragen darüber nach, welcher Präsident für die bilaterale und europäische Zusammenarbeit eigentlich besser wäre.

Merkel kann mit beiden

Über vier Dinge sind sich dabei fast alle einig: Erstens werden Sarkozy und Hollande ihre Tonlage zwischen der ersten und zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen erheblich ändern und Wahlversprechen abschwächen. "Derzeit versucht Hollande eben die Linke zu einen, Sarkozy möchte am rechten Wählerspektrum punkten", sagt etwa Daniela Schwarzer, Frankreich-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Zweitens glauben Regierung, Opposition und Experten übereinstimmend, dass - ungeachtet der aufgeregten parteipolitischen Debatten - Merkel mit beiden französischen Politikern gut zusammenarbeiten würde. "Deutschland und Frankreich haben schlicht nicht die Option, nicht zusammen zu agieren", meint Ulrike Guerot vom European Council on Foreign Relations (ECFR). Regierungssprecher Steffen Seibert betonte mehrfach, dass die Kanzlerin natürlich mit jedem französischen Präsidenten gut zusammenarbeiten werde. "Europa ist in seiner harten Krise auf das deutsch-französische Paar angewiesen", sagt auch Hollande im "Handelsblatt"-Interview.

Drittens wird auf eine doch ähnliche, sehr "französische" europäische Grundausrichtung der beiden Kandidaten verwiesen, die stark auf Absprachen zwischen einzelnen Regierungen setze und eine Kontrolle der Politik durch Gerichte skeptisch sehe. Sowohl Sarkozy und Holland attackieren im Wahlkampf wieder einmal die Unabhängigkeit der Europäische Zentralbank (EZB). So sagte der Präsident am Mittwoch, die Regierungen müssten mit dem EZB-Präsidenten reden, wenn der Euro zu stark werde.

Viertens, so schreibt Schwarzer in einer SWP-Analyse zu den Wahlen, wird jeder neue Präsident erst einmal die gravierenden wirtschaftlichen Probleme des Landes anpacken müssen. In der wirtschaftlichen Schwäche des Partners sieht auch die Bundesregierung die Herausforderung im bilateralen Verhältnis.

Vorteil Sarkozy

Dennoch gibt es klare Vorlieben, wer gewinnen sollte: Aus Sicht der Kanzlerin spricht für Sarkozy vor allem, dass sie ihn kennt und trotz seiner gelegentlichen Sprunghaftigkeit glaubt, einschätzen zu können - das gilt in den sehr sensiblen, teilweise hektischen EU-Abstimmungen als wichtiges Plus. Absprachen halten beide ein. Vor allem FDP-Politiker sprechen sich klar für Sarkozy aus, weil Hollande auf erhebliche Steuererhöhungen setzt. "Sarkozy ist der bessere Präsident für Deutschland, weil er unsere Vorstellung von Haushaltsdisziplin teilt, den Fiskalpakt akzeptiert und auf die Eurobonds verzichtet", sagt etwa Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt und Koordinator der deutsch-französischen Zusammenarbeit. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle klingt ähnlich. SWP-Expertin Schwarzer sieht es unabhängig davon durchaus als Plus, wenn ein Präsident in Krisenzeiten Regierungserfahrung hat - Hollande fehlt diese.

Vorteil Hollande

Auffallend ist aber die größere Gelassenheit, die sich in Berlin bei Fragen nach einem Wahlsieg des Sozialisten mittlerweile breitmacht. Dazu haben Kontakte der Regierung hinter den Kulissen, aber auch die engen Abstimmungen zwischen der SPD und dem sozialistischen Kandidaten beigetragen. So verwies SPD-Chef Gabriel nach einem gemeinsamen Auftritt in Paris darauf, Hollande habe seine umstrittene Forderung nach einer Neuverhandlung des Fiskalpakts relativiert. Statt "neuverhandeln" gehe es jetzt um "ergänzen". Der Forderung des Sozialisten nach einer Wachstums- und Beschäftigungsstrategie glaubt man dagegen in der Regierung leicht nachkommen zu können - weil diese ohnehin seit Januar auf der EU-Agenda steht.

SWP-Expertin Schwarzer glaubt, dass eine Zusammenarbeit Hollande-Merkel letztlich nach alten Mustern ablaufen würde: "Im deutsch-französischen Verhältnis war es schon häufig so, dass Deutschland sich zunächst durchsetzte und es danach einen Beschluss gab, der Frankreich zumindest vom Anschein her entgegenkam." Beim Stabilitätspakt etwa bekam Deutschland straffe Haushaltsregeln - und Frankreich das Wörtchen "Wachstum" im Titel. Ähnlich könnte es beim Fiskalpakt laufen, meint sie. "Mit Hollande könnte aber der Ton der Diskussion etwas sozialer als mit Sarkozy werden." So könnte die Debatte über EU-Projektbonds wieder in den Vordergrund rücken.

Andreas Rinke, Reuters/DPA DPA Reuters

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