Merkel wirbt um Vertrauen in den Euro

Angela Merkels zweiter Besuch in China in diesem Jahr markiert das enge Verhältnis zwischen den beiden Staaten. Die Bundeskanzlerin warb für den Euro, als dessen Garanten Berlin in China wahrgenommen wird.

Markus Ackeret, Peking
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Selten erklingen Nationalhymnen zu Ehren ausländischer Staatsgäste in der Grossen Halle des Volkes in Peking so oft wie die deutsche. Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao am Donnerstag Bundeskanzlerin Angela Merkel mit militärischen Ehren empfangen. Erstmals hatte Merkel in ihrer Delegation nicht nur die wichtigsten Vertreter der deutschen Wirtschaft, sondern auch sieben Minister und zwei Staatssekretäre nach Peking mitgenommen. Noch vor dem Abtritt der amtierenden chinesischen Parteiführung hatte Wen um vorgezogene Regierungskonsultationen ersucht, quasi als Abschied von Merkel.

Gefahren der Nähe

Deutschland und China haben in den vergangenen Jahren ihre bilateralen Beziehungen beständig vertieft. Bereits ist die Rede von einer «Special Relationship», ein Begriff, der an transatlantische Verhältnisse erinnert. Für eine Abkehr von traditionellen Bündnispartnern, die zuweilen damit suggeriert wird, steht der Begriff nicht; eher geht in ihm auf, was der deutsche Aussenminister Westerwelle am Donnerstag etwas pathetisch in dem Satz umschrieb, China sei für Deutschland eine der prägenden Gestaltungsmächte des 21. Jahrhunderts. Die enge Verbindung drückt sich vor allem in der wirtschaftlichen Verflechtung aus. Für Deutschlands Exportwirtschaft ist China einer der wichtigsten Märkte, China sucht deutsche Industriegüter und Technologie. Eine Studie des European Council on Foreign Relations nennt das eine «perfekte Symbiose». Die Euro-Krise hat die beiden Staaten noch enger zusammengeführt. Die daraus entstehenden Abhängigkeiten, mitunter auch falschen Perzeptionen, werden grösser. Berlin muss aufpassen, nicht von China zur Umgehung der Peking als zu ineffizient und undurchsichtig erscheinenden EU-Strukturen genutzt zu werden und dessen Verunsicherung zu übersehen.

Wie sehr Peking in Deutschland einen Garanten für die Wahrung der Stabilität im Euro-Raum sieht, liessen die Regierungskonsultationen erkennen. Wen verhehlte seine grosse Sorge über die Zukunft von Griechenland, Spanien und Italien nicht und deutete im Hinblick auf die nicht sehr zügige Umsetzung der Reformen in der EU und auf die Notwendigkeit, neben Sparmassnahmen auch Wachstumsanreize zu setzen, eine gewisse Ungeduld an. Merkels Darlegung der bisherigen und der geplanten Schritte habe aber sein Vertrauen gestärkt, sagte er. China sei weiterhin bereit, europäische Staatsanleihen zu kaufen – welcher Staaten, sagte er nicht – und die Rettungsschirme zu unterstützen. Merkel sprach von absolutem Willen in der Euro-Zone zu Stabilität und dankte China für die Unterstützung.

Airbus darf hoffen

Neben zahlreichen Erklärungen, die in gemeinsame Projekte münden sollen, unterzeichneten Unternehmensvertreter mehrere Abkommen, unter anderem über Investitionen von Volkswagen in ein neues Getriebewerk in Tianjin in der Höhe von 290 Millionen Dollar und über den Kauf von 50 Airbus-320-Flugzeugen durch die chinesische Leasinggesellschaft ICBC Leasing im offiziellen Wert von 3,5 Milliarden Dollar. Letzteres hatte bis zuletzt auf der Kippe gestanden, weil China gegen die EU-Luftfahrt-Emissionsabgabe mit der Sistierung von Airbus-Bestellungen protestiert hatte. Diese sind noch nicht reaktiviert.

Während sich Merkel im Streit um die deutsche Solarindustrie, die eine Antidumping-Klage gegen China anstrebt, um eine Verhandlungslösung bemüht und Peking dadurch wesentlich entgegenkommt, sprach sie, wenngleich am Rande, der Fortsetzung des Rechtsstaatsdialogs das Wort. Auch setzte sie sich für bessere Arbeitsbedingungen für Korrespondenten in China ein, nachdem sie in einem Brief der deutschen China-Korrespondenten auf die Einschränkungen in der Berichterstattung hingewiesen worden war. Treffen mit dem Vizepräsidenten und voraussichtlichen künftigen Präsidenten Xi Jinping und Wens wahrscheinlichem Nachfolger Li Keqiang sollten für die Kontinuität der engen Beziehungen sorgen.