Europa in der Zange der linken und rechten Populisten

Die EU eint die bittersten Feinde: Das griechische Linksaussen-Bündnis Syriza erhält Lob von rechts aussen. «Ich freue mich über die monströse demokratische Ohrfeige, welche das griechische Volk der Europäischen Union gegeben hat», sagte diese Woche Marine Le Pen, Chefin des

Fabian Fellmann, Brüssel
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Die EU eint die bittersten Feinde: Das griechische Linksaussen-Bündnis Syriza erhält Lob von rechts aussen. «Ich freue mich über die monströse demokratische Ohrfeige, welche das griechische Volk der Europäischen Union gegeben hat», sagte diese Woche Marine Le Pen, Chefin des französischen Front National. Eine Maulschelle an die «Sowjetische Europäische Union des Euro, der Arbeitslosigkeit und der Banken» sah darin Matteo Salvini von der Lega Nord. Der Wahlsieg der griechischen Linken solle die italienische Rechte beflügeln, so Salvini: «Jetzt sind wir dran.»

Populisten in ganz Europa wittern Morgenluft im Kampf gegen die EU und den Euro. Die einen schimpfen über den Kommunismus, der Brüssel regiere, die anderen sehen darin ein Viertes Reich unter deutscher Diktatur. Über solche Widersprüche sehen beide ohne weiteres hinweg. «Freiheit ist keine Frage von links oder rechts», sagte Le Pen, die diese Woche in einer Umfrage über die nächsten französischen Präsidentschaftswahlen auf dem ersten Platz landete.

Zusätzlichen Schub durch Syriza erwarten zwar vor allem linke und kommunistische Parteien, allen voran die spanische Podemos. Die linke Protestbewegung wird wie Syriza von einem charismatischen Jungpolitiker geführt. Derzeit führt die Liste des 36-jährigen Pablo Iglesias Turrión die Umfragen für die Wahlen im Dezember an. Bernd Riexinger, Chef der deutschen Linkspartei, hofft, dass bald weitere Mitte-Regierungen ins Wanken geraten: «Syrizas Erfolg ist ein Hoffnungszeichen für einen Neuanfang in Europa.»

Doch im Vorteil wähnt sich vor allem das rechte Lager. Der britische EU-Kritiker Nigel Farage strich am Freitag noch einmal genüsslich heraus, dass Syrizas Koalitionspartner eine rechte Protestpartei ist. Gemeinsam würden sie das Land nun aus der Euro-Zone führen, hofft Farage, und damit den Anfang vom Ende der EU einläuten. «Das Leiden der Griechen unter dem Projekt Euro-Zone war unglaublich», sagte Farage. «Wir haben Griechenland zugeschaut, wie es zu einem Drittweltland wurde.»

Die unheilige Allianz von links und rechts könnte der EU gefährlich werden, obwohl in anderen Ländern eine Koalition nach griechischem Muster unwahrscheinlich ist. Es zeichne sich ein «Clash der Populisten» ab, sagt der Politologe José Ignacio Torreblanca vom Europäischen Rat für Aussenbeziehungen, einem EU-Think-Tank: «Der Aufstieg der reformfeindlichen Linken läuft parallel zum Aufstieg der solidaritätsfeindlichen Rechten der nördlichen Gläubigerländer.» Zusammen könnten sie die Kompromissmaschine EU zum Stottern bringen.

Die Populisten beider Seiten haben diese Woche zudem eine weitere Gemeinsamkeit gefunden: ihre Hingebung zu Russland. Die neue griechische Regierung weigert sich, die EU-Sanktionen weiter zu verschärfen, und würde sie am liebsten gleich aufheben. Da solche Entscheide einstimmig fallen, könnte die Syriza-Regierung die Front der EU gegen Russland entscheidend schwächen. Das wäre ganz im Sinne Le Pens, die aus ihrer Bewunderung für die russische Autokratie kein Hehl macht.

Die anfängliche Siegestrunkenheit ist indes bei einigen linken Bewegungen wieder einer gewissen Ernüchterung gewichen. Podemos kritisierte zum Beispiel scharf, dass in der griechischen Regierung keine einzige Frau sitzt. Die spanische Protestbewegung hat erkannt, dass die Nähe zu Syriza zu einem gefährlichen Bumerang werden könnte: Falls die griechische Linke ihre Versprechen nicht erfüllt und sich die Misere im Land gar verschärft, dürfte die Lust der spanischen Wähler auf ein ähnliches Experiment rasch verfliegen.