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Unterstützer der EinheitsregierungTürkei als entscheidende Macht in Libyen

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Libyen

Parade in der Hauptstadt Tripolis: Truppen der Einheitsregierung nach der Einnahme des Luftwaffenstützpunkts Al-Watiya.

Istanbul – Der libysche Rebellengeneral Chalifa Haftar weiß, wem er die jüngsten Niederlagen seiner Truppen zu verdanken hat. Jeder türkische Soldat und jeder Söldner Ankaras müsse gnadenlos angegriffen werden, sagte Haftar in einer Radioansprache an die Kämpfer seiner Libyschen Nationalarmee (LNA). Haftar rief zu einem „heiligen Krieg an allen Fronten“ auf. Allerdings befindet sich die LNA derzeit auf dem Rückzug. Vor mehr als einem Jahr war Haftars Armee angetreten, die Hauptstadt Tripolis einzunehmen und die von der Uno anerkannte Einheitsregierung seines Rivalen und Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch zu entmachten. Die Intervention der Türkei auf Seiten der Einheitsregierung hat Haftars Plan durchkreuzt. Ankara ist zum entscheidenden Akteur in Libyen geworden.

Türkische Drohnen und Militärberater hatten der Einheitsregierung vorige Woche einen Durchbruch gegen Haftar ermöglicht. Regierungstruppen nahmen den Luftwaffenstützpunkt Al-Watia an der Grenze zu Tunesien ein. Die LNA hatte den Stützpunkt jahrelang kontrolliert – der Verlust war deshalb ein schwerer Rückschlag für Haftar. Die Einheitsregierung kann nach ihrem Erfolg in Al-Watia nun auch in der Umgebung von Tripolis gegen die LNA vorgehen. Haftar kann die Einnahme der Hauptstadt erst einmal vergessen.

Unterstützer der Einheitsregierung

Die Türkei und andere Staaten mischen in Libyen weiter mit, obwohl sie sich bei der Berliner Libyen-Konferenz im Januar zur Einhaltung des Waffenembargos der Vereinten Nationen verpflichtet hatten. Ankara unterstützt die Einheitsregierung nicht nur mit Waffen und Militärfahrzeugen, sondern auch mit Tausenden Ankara-treuen Kämpfern aus Syrien; mehr als 300 dieser Söldner sind nach Erkenntnissen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bisher getötet worden.

Türkische Kampfdrohnen beendeten in den vergangenen Monaten die Luftüberlegenheit der LNA und griffen Nachschubwege von Haftars Truppen an. Am Wochenende soll weitere Verstärkung aus der Türkei in Libyen angekommen sein. Präsident Recep Tayyip Erdogan droht zudem mit direkten türkischen Angriffen auf Haftars LNA, die die türkische Botschaft in Tripolis beschossen hatte. Haftar, der von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Ägypten, Russland und Frankreich unterstützt wird, hat bisher kein Rezept gegen die türkische Militärhilfe gefunden. Den ausländischen Mächten aus Europa und Nahost geht es in Libyen um die reichen Ölvorräte des Landes und um politischen Einfluss. So tragen die regionalen Rivalen Türkei und VAE in Libyen ihren Machtkampf aus. Die Türkei gehört zu den Unterstützern der islamistischen Muslim-Bruderschaft, die in der libyschen Einheitsregierung eine wichtige Rolle spielt, von den VAE und Ägypten aber als Terrororganisation betrachtet wird.

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Die Niederlage der LNA in Al-Watia war deshalb nicht nur im inner-libyschen Konflikt zwischen Haftar und al-Sarradsch ein Wendepunkt: Ab sofort habe die Türkei in Libyen das Sagen, schrieb Libyen-Experte Tarek Megerisi von der Londoner Denkfabrik ECFR. Wenn Haftar keinen Weg finde, die Lufthoheit zurückzuerobern, werde der General weitere Rückschläge einstecken müssen, meint Megerisi.

Als Retter in der Not für Haftar könnte sich Russland erweisen. Bisher ist Moskau nur indirekt durch Söldner der Sicherheitsfirma Wagner im Libyen-Konflikt vertreten. In jüngster Zeit mehren sich aber Hinweise auf ein stärkeres Engagement Moskaus.

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