Erhebung des Innenministeriums :
In Frankreich hat sich die Zahl radikalisierter Islamisten verdoppelt

Von Michaela Wiegel, Paris
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Nach den Anschlägen von Paris wurden Angebote wie die Notrufnummer „Antidschihad“ geschaffen.
Ein zunächst als geheim eingestufter Bericht zeigt: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl radikalisierter Islamisten in Frankreich mehr als verdoppelt. Grund dafür ist laut Experten eine „Islamisierung der Radikalität“.

Eine neue Statistik über radikalisierte Islamisten in Frankreich hat das Land am Dienstag aufgeschreckt. 8250 Personen werden inzwischen als Gefährder eingestuft, das sind mehr als doppelt so viele wie im März 2015 (3100). Die Zahl stammt vom französischen Innenministerium und fußt auf Erhebungen von Polizei, Gendarmerie und dem Bildungsministerium. 4590 Fällen von Radikalisierung wurde dank der vom Innenministerium eingerichteten Notrufnummer „Antidschihad“ für Familienangehörige nachgegangen.

Die Statistik sollte wohl zunächst geheim gehalten werden, wurde aber von der Zeitung „Le Figaro“ am Dienstag veröffentlicht und von Regierungsseite nicht dementiert. 70 Prozent der Gefährder sind Männer. Der Anteil der Minderjährigen liegt inzwischen bei 20 Prozent. Bei 38 Prozent handelt es sich um Konvertiten, ein Prozentsatz, der stark angestiegen ist.

Der Islamforscher Olivier Roy ist deshalb der Meinung, dass nicht von einer Radikalisierung des Islam, sondern von einer „Islamisierung der Radikalität“ gesprochen werden muss. Inzwischen sind so gut wie alle Landesteile, auch die Bretagne und Elsass-Lothringen von dem Phänomen betroffen. Die großen urbanen Ballungszentren mit ihren Vorortsiedlungen bilden dabei weiterhin die Hochburgen für Gefährder: Paris, Lyon, Toulouse und Nizza nehmen Spitzenplätze ein. In der Statistik fehlen indessen Angaben über die Staatsbürgerschaft und Herkunft der Gefährder.