Kein anderes Thema hat im vergangenen Jahr so nachhaltig Politik, Wirtschaft und Medien beherrscht wie die Euro-Krise. Daran wird sich 2012 wenig ändern. Die auf dem Gipfel Anfang Dezember beschlossenen Maßnahmen reichen nicht aus, um die Krise zu lösen. Länder wie Italien, Spanien und möglicherweise sogar Frankreich werden Probleme haben, sich zu vernünftigen Zinsen Geld zu leihen. Viele der Euro-Länder stehen erneut am Rande einer Rezession. Und der neue Vertrag muss in den kommenden Wochen nicht nur rechtsfest formuliert, sondern dann auch in den nationalen Parlamenten bestätigt werden.

Klar ist: Es steht viel auf dem Spiel. Der Euro, die deutschen Exportmärkte und möglicherweise sogar die EU, wie wir sie kennen. Schwieriger vorherzusagen ist allerdings, wie die Geschichte ausgehen wird. Abhängig von dem Geschick und der Einsicht der Politiker sind drei Szenarien vorstellbar: Eine Fortsetzung des Durchwurschtelns, mit schwachem Wachstum in Europa und ohne große Fortschritte beim Schuldenabbau; eine große Katastrophe oder sogar eine triumphale Auferstehung Europas.

Im Durchwurschtel-Szenario setzen die Euro-Partner ihre bisherige Politik fort. Die auf dem Gipfel am 9. Dezember 2011 beschlossenen verschärften Haushaltsregeln werden mit kleineren oder größeren legalen Hindernissen in einen neuen europäischen Vertrag gegossen. Darüber hinaus gibt es keine echten Integrationsschritte, keine Euro-Bonds und keine Pläne für eine echte Fiskalunion, die über reine Kontrolle nationaler Budgetdefizite hinausgeht. Die Regierungen in den Krisenländern setzen ihre Reformversprechungen zu einem beträchtlichen Teil um. Griechenland gelingt die Einigung mit den Gläubigern auf den angepeilten Schuldenverzicht und setzt seine Sparmaßnahmen wie geplant fort. 

Die Finanzmärkte sind zwar nicht wirklich überzeugt, dass diese Maßnahmen die Probleme lösen, aber denkbar ist, dass die Zinsen für Italien und Spanien nicht weiter dramatisch steigen. Möglicherweise bekommen Italien oder Spanien noch einen Kredit aus den europäischen Rettungsschirmen. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt ihre Anleihekäufe wie bisher mit niedrigen Volumina fort, ohne eine nachhaltige Verbesserung der Zinsunterschiede zu erreichen.

In diesem Szenario würde der Euro das Jahr 2012 überleben. Allerdings wäre das kommende Jahr von sehr schwachem Wirtschaftswachstum geprägt. Die Arbeitslosigkeit in vielen Ländern würde steigen, die Unzufriedenheit mit den Regierungen und mit Europa auch. Griechenland käme aus der Rezession nicht heraus, ebenso wenig wie Portugal. In Spanien und Italien gäbe es bestenfalls eine graduelle Verbesserung. Damit nicht genug: Mit der bis weit in die zweite Hälfte des Jahrzehnts angelegten Sparpolitik wäre so schnell kaum mit einer Wende bei den Wirtschaftsdaten für die Euro-Zone als Ganzes zu rechnen. Die ein oder andere Regierung mag darüber fallen, aber die Europäische Union könnte dies recht unbeschadet überstehen.

Natürlich ist das Durchwurschtel-Szenario mit einer Reihe von Risiken verbunden. Leicht kann das eine oder andere schief gehen.