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Europas Superkampfjet soll kein Killerroboter werden

Freier Wirtschaftsredakteur
Im ultramodernen Flugzeug spielt künstliche Intelligenz eine Schlüsselrolle. Über ihre Befugnisse und Grenzen wird nun öffentlich debattiert

Wie sehen in 20, 30, 40 oder 50 Jahren Krieg und Luftkampf aus? Mit dieser Frage beschäftigen sich derzeit die Entwickler für das Rüstungsmegaprojekt FCAS (Future Combat Air System). Politisch angestoßen von Deutschland und Frankreich und den Konzernen Airbus und Dassault soll nicht nur ein neuer Kampfjet entwickelt werden. Er soll auch von Kampf- und Aufklärungsdrohnen, sogenannten loyal wingmen, begleitet werden. Eine Schlüsselfrage ist, welche Rolle in dem Waffensystem, das 2040 einsatzbereit sein soll, künstliche Intelligenz spielt.

Die Militärs gelten seit jeher als Antriebsfeder für die Entwicklung neuer Technologien. Daher ist sich die Fachwelt auch einig, dass in künftigen Waffensystemen die technische Autonomie und künstliche Intelligenz Einzug halten. Gewarnt wird indessen vor autonomen Killerrobotern. Sie könnten Ziele selbst auswählen, verfolgen und auch ohne menschliches Eingreifen bekämpfen. Vor allem China, die USA, Israel und Russland investieren in die Entwicklung von künstlicher Intelligenz an der Schnittstelle von Menschen und Maschinen. Wer in diesem Bereich in Führung gehe, werde die Welt beherrschen, sagte schon vor Jahren Russlands Präsident Wladimir Putin. Von Bedenken am künftigen Einsatz autonomer Waffen ist in Russland wenig zu hören.

Dagegen zeichnet sich beim FCAS-Vorhaben in Deutschland jetzt eine bemerkenswerte Entwicklung ab. Während weltweit die Militärs ihre Großprojekte am liebsten heimlich vorantreiben, gibt es hierzulande erstmals eine öffentlich gemachte Diskussion, wie ethische Fragen und rechtliche Prinzipien im FCAS-Projekt verankert werden sollen. Airbus und ein Spezialinstitut des deutschen Forschungsverbunds Fraunhofer-Gesellschaft haben dazu eine Initiative mit einem Expertengremium gebildet. Es soll bei der FCAS-Auslegung beraten und diskutieren. Über die Internetseite www.fcas-forum.eu soll Transparenz geschaffen werden.

Die Beteiligten wollen wohl vermeiden, dass wie in der Debatte um gezieltes Töten durch Drohnen und Bewaffnung von Bundeswehrdrohnen die politische Diskussion hochkocht, wenn die Drohnen bereits entwickelt und auf dem Markt sind. Diesmal sollen Leitplanken bereits bei der Entwicklung festgelegt werden, auch wenn sensible Details weiter geheim bleiben. Zudem sind die Dimensionen des FCAS-Projektes so gewaltig, dass früh auf Zustimmung in der Politik und Gesellschaft gesetzt werden muss. Der erste gemeinsame Bau eines deutsch-französischen Kampfjets, samt neuem Triebwerk, neuen Drohnen und einer Supersoftware (Combat Cloud) soll nicht scheitern. Das Projekt gilt als Europas technisch anspruchsvollstes Rüstungsvorhaben des 21. Jahrhunderts. Experten schätzen die Gesamtkosten über Jahrzehnte auf grob 500 Milliarden Euro. Es gehe um technologische, strategische und politische Weichenstellungen für Europa.

Wo die rote Linie in der Frage von autonomen Waffen für die Bundeswehr liegt, machte jetzt in einer Videokonferenz des Expertengremiums Brigadegeneral Gerald Funke aus dem Verteidigungsministerium klar: Ein autonomer Killerjet komme keinesfalls infrage. „Wir werden keine technische Auslegung akzeptieren, die einem System die Möglichkeit geben würde, einen anderen Menschen allein aufgrund der Berechnung eines Algorithmus töten zu lassen“, erklärte er. „Der Mensch wird der alleinig bestimmende Faktor bleiben und Entscheidungen in aller Konsequenz zu treffen haben.“ In der Diskussionsrunde wurde der Mensch auch als Sicherheitspuffer bezeichnet, weil automatisierte Waffensysteme sich mit immer höherer Geschwindigkeit bekämpfen könnten. Töten dürfe nicht auf Maschinen übertragen werden. Seit Jahren gibt es auch von den Vereinten Nationen eine Initiative, ein weltweites Verbot von Killerrobotern zu erreichen. Bislang scheiterten die Gespräche aber.

Airbus-FCAS-Chefingenieur Thomas Grohs machte in der Expertenrunde deutlich, dass ein System entwickelt werden müsse, das an ein unterschiedliches ethisches Verständnis der Nutzer angepasst werden könne. Der FCAS-Pilot sei vor allem mit seiner Einsatzmission beschäftigt und weniger mit der Flugzeugsteuerung. Noch stehe nicht fest, ob ein oder zwei Menschen in der FCAS-Kanzel sitzen werden.

Die Rüstungs- und Drohnenexpertin Ulrike Franke von der britischen Denkfabrik ECFR machte in der Diskussionsrunde noch auf einen anderen Aspekt aufmerksam. Bislang seien Deutschland, Frankreich und Spanien an dem europäischen Projekt beteiligt. Weitere Staaten könnten hinzukommen. Jedoch gebe es bei den Staaten Unterschiede in der Wertegewichtung. Frankreich stehe autonomen Waffensystemen und künstlicher Intelligenz eher aufgeschlossen und Deutschland eher vorsichtig gegenüber, sagte sie. Dies sei eine große Herausforderung. Franke sieht drei Lösungswege: entweder einen Kompromiss, einen Bruch oder eine technische Lösung mit unterschiedlichen Stufen, wie sich autonome Technik einsetzen lässt. Die Einbindung der Öffentlichkeit in die ethischen und rechtlichen Schlüsselfragen sei jedenfalls sehr wichtig.

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