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Umfrage in Europa Vertrauen in die EU sinkt rapide

Die Europäer verlieren das Vertrauen in die Europäische Union. Der "Guardian" zitiert aus einer Umfrage, wonach sich immer mehr Bürger in den sechs größten Mitgliedsländern von der EU abwenden - auch in Deutschland. Nur in zwei Staaten ist die Skepsis noch größer.
Demo gegen Sparpolitik in Madrid: Die Unterstützung der Bürger für die EU schmilzt dahin

Demo gegen Sparpolitik in Madrid: Die Unterstützung der Bürger für die EU schmilzt dahin

Foto: SUSANA VERA/ REUTERS

London - Die schwelende Schulden- und Wirtschaftskrise in Europa hinterlässt Spuren: Immer mehr Bürger wenden sich ab von der Europäischen Union. Eine Umfrage in den sechs größten EU-Staaten zeigt, dass das Vertrauen in die Institution EU auf einem historischen Tiefpunkt angelangt ist. Das berichtet unter anderem der "Guardian". 

Zahlen des Eurobarometers , ausgewertet vom European Council on Foreign Relations (ECFR), einer Art europäischem Think-Tank, belegen demnach den Frust: Nur in Spanien und Großbritannien ist die Skepsis der EU gegenüber noch größer als in Deutschland. Die Umfrage basiert auf Zahlen aus dem Jahr 2012.

In Spanien können fast drei Viertel der Menschen kein Vertrauen mehr in die EU fassen. Nur 20 Prozent gaben an, dazu zu tendieren, ihr zu vertrauen. Schockierend ist, dass diese optimistische Sicht bei der vorherigen Umfrage vor fünf Jahren noch 65 Prozent der spanischen Bürger hatten.

Aktuell sind die Spanier sogar pessimistischer als die traditionell europaskeptischen Briten: Von denen können 69 Prozent der EU nicht mehr vertrauen. Sie hatten 2007 mit knapp 50 Prozent in dieser Kategorie den Spitzenwert markiert.

"Jeder ist schlechter dran"

In Deutschland sind es 59 Prozent, die der Institution EU kein Vertrauen mehr schenken können - vor der Finanzkrise waren es ungefähr genauso viele, die ihr vertrauten. Zieht man zusätzlich die Zahlen von vor fünf Jahren heran, zeigt sich, dass sich der Frust seit dem Einsetzen der Euro-Krise merklich gesteigert hat. Damals konnten nur 36 Prozent der Deutschen der EU kein besonderes Vertrauen entgegenbringen.

In allen sechs untersuchten Ländern - Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Polen, die zusammen zwei Drittel der EU-Bürger stellen - ist die negative Einstellung zu Europa in diesem Zeitraum gewachsen. In Italien hat sich das Misstrauen sogar fast verdoppelt, auf 53 Prozent.

In fünf der sechs Staaten überwiegt das Misstrauen aktuell bei weitem - außer in Polen. Dort wird der EU-Frust etwas abgemildert durch die noch anhaltende Euphorie über den EU-Beitritt und die Tatsache, dass man von den Geldern aus Brüssel profitiert. Trotzdem: Auch hier ist die Unterstützung für die EU gesunken, 42 Prozent können ihr nicht mehr vertrauen, mit 48 Prozent spricht sich auch dort nicht einmal mehr die Hälfte für die positiven Auswirkungen der EU aus.

"Der Schaden ist so groß, dass es keinen Unterschied macht, ob man aus einem Gläubiger- oder Schuldnerland kommt, einem zukünftigen Beitrittsland oder aus Großbritannien: Jeder ist schlechter dran", sagte José Ignacio Torreblanca, Chef des ECFR-Büros in Madrid dem "Guardian". "Die Bürger denken jetzt, dass ihre nationale Demokratie unterwandert wird durch die Art, wie mit der Euro-Krise umgegangen wird", sagte er weiter.

In vielen Ländern machen sich EU-skeptische Kräfte den Frust zunutze, Parteien richten ihre Programme einzig auf den Austritt aus der EU oder das Ende des Euro aus. Zuletzt hatte sich in der Bundesrepublik die "Alternative für Deutschland" gegründet. Erst in dieser Woche hatte EU-Kommissionspräsident Barroso davon gesprochen, dass der Traum von Europa durch populistische und nationalistische Kräfte bedroht wird.

mia