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Neue Regierung in Israel Jetzt wird es für Netanyahu richtig schwer

Sechs Wochen lang wurde verhandelt. Nun steht Israels Koalitionsregierung - und zwar extrem weit rechts. Auf den designierten Premier Netanyahu kommen drei große Probleme zu.
Premier Netanyahu: So war das vermutlich nicht geplant

Premier Netanyahu: So war das vermutlich nicht geplant

Foto: Pablo Martinez Monsivais/ AP/dpa

Eigentlich hatte Benjamin Netanyahu vorgezogene Neuwahlen in Israel abhalten lassen, um sich das Leben leichter zu machen. Gehofft hatte er auf eine lenkbare Koalition, eine klare Mehrheit. Doch diese Rechnung ging ganz und gar nicht auf.

Sechs Wochen dauerten die mühsamen Verhandlungen nach Netanyahus klarem Wahlsieg, nun steht die vierte Koalition unter seiner Führung. Der Likud-Chef regiert mit den beiden Parteien der Ultraorthodoxen (Shas und Vereintes Thora-Judentum), der neuen Kulanu-Partei von Ex-Kommunikationsminister Moshe Kahlon und der Siedlerpartei "Jüdisches Heim" von Naftali Bennett.

Nicht dabei ist überraschend Ex-Außenminister Avigdor Lieberman von "Unser Haus Israel". Er hatte am Montag angekündigt, dass er der Koalition nicht beitreten wolle.

Auf Netanyahu kommen nun drei neue Probleme zu:

  • Das labile Kabinett: Netanyahus Koalition hat eine denkbar kleine Mehrheit, 61 Knesset-Sitze, genauso viele wie nötig. "Bei so einer knappen Koalition stellt sich die Frage, wie lange sie durchhält", sagt Daniel Levy, Israel-Experte des außenpolitischen Thinktanks European Council on Foreign Relations. "Netanyahu wird sich anstrengen müssen, um die Koalition am Laufen zu halten." Das größte Konfliktpotenzial sieht Levy zwischen den Ultraorthodoxen und Bennetts Siedlerpartei: Bennett hatte in Netanyahus letzter Regierung Gesetze unterstützt, die die Privilegien der Ultraorthodoxen beschneiden. Nun wollen diese sie wieder ausbauen.

  • Der außenpolitische Gegenwind: Netanyahus neues Kabinett steht politisch so weit rechts wie noch nie. Israel-Experte Shmuel Sandler von der Bar-Ilan Universität in Tel Aviv glaubt: "Es wird sehr starken internationalen Druck auf ihn geben. Netanyahu wird Stellung beziehen müssen zur Zwei-Staaten-Lösung. Er muss die Friedensverhandlungen auf irgendeine Weise wiederbeleben, was für ihn nicht einfach wird." Schließlich könnten sich Netanyahu und Mahmud Abbas, Chef der palästinensischen Autonomiebehörde nicht ausstehen. Die Situation gilt als festgefahren.

  • Die lauernden Rivalen: Die Prominenz des Mitte-links-Spektrums hat es dieses Mal abgelehnt, sich von Netanyahu einbinden zu lassen. Sie wollen lieber auf die Oppositionsbank und darauf hoffen, dass Netanyahus vierte Koalition vorzeitig zerbricht. Einfach wird ihre Mission aber nicht. Denn ob das Mitte-links-Bündnis von Isaac Herzog und Tzipi Livni hält, muss sich erst noch zeigen. Auch bei vielen Rechten herrscht Unmut über Netanyahu. Doch ihnen fehlt die Alternative. Offen ist, was Avigdor Lieberman plant. Zieht der Rechte sich aus der Politik zurück oder hofft er, Netanyahu zu stürzen? Der Premier wird versuchen, seine Rivalen zu neutralisieren, indem er sie doch noch ins Kabinett holt, glaubt Daniel Levy.

Von der neuen Netanyahu-Regierung ist zu erwarten, dass sie den Ultraorthodoxen wieder mehr Kindergeld und höhere Stipendien für die Religionsschulen überweist, den Siedlungsbau fortsetzt und Gesetze verabschiedet, die Israels demokratischen Charakter beschädigen könnten. Netanyahu will die Macht des Obersten Gerichtshofes zugunsten des Parlaments beschneiden. Außenpolitisch könnte sich wenig ändern: Viele Positionen, etwa zu Iran, hatte Netanyahu stark selbst geprägt.