Eine — unbewaffnete — Aufklärungsdrohne vor ihrem Einsatz bei einer Nato-Übung in Litauen im Jahr 2018.
Eine — unbewaffnete — Aufklärungsdrohne vor ihrem Einsatz bei einer Nato-Übung in Litauen im Jahr 2018.
Sean Gallup/Getty Images

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte schon im vergangenen Jahr: Die Bundeswehr solle bewaffnete Drohnen in ihr Arsenal aufnehmen.

Am Montag diskutierten nun auf Einladung des Verteidigungsministeriums Experten und Politiker über das Für und Wider der Beschaffung der ferngesteuerten Waffen.

Eine Frage blieb dabei nur unkonkret beantwortet: Wofür genau kann, soll und darf die Bundeswehr bewaffnete Drohnen einsetzen?

Bewaffnete Drohnen haben in der Bundesrepublik einen schlechten Ruf. Die Jagd der USA auf Terroristen in Pakistan, Afghanistan, Somalia und dem Jemen, bei der unbemannte Reaper-Drohnen nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen Hunderte Zivilisten töteten, hat sich in das kollektive Gedächtnis der Deutschen gebrannt.

Und dennoch will das Verteidigungsministerium der Bundeswehr so bald wie möglich die Bewaffnung von Drohnen des Typs Heron TP ermöglichen. „Wenn ich den Wunsch der Soldaten hier mitnehme und ich kann ihn ehrlich gesagt nachvollziehen, dann spricht vieles für die Bewaffnung der Drohne“, sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer während eines Afghanistan-Besuchs im vergangenen Dezember.

Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, eine „breite gesellschaftliche Debatte“ zu führen, bevor über eine Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen entschieden werde. Am Montag hat diese nun begonnen. Das Verteidigungsministerium hielt eine öffentliche Anhörung von Experten, Ethikern und Bundestagsabgeordneten ab.

Die Diskutanten warfen eine Menge Fragen auf — doch klare, abschließende Antworten lieferten sie nicht immer.

Drohnen — eine Waffe wie jede andere auch?

So fasste Staatssekretär Peter Tauber (CDU) gleich eingangs das ethische Kernproblem der Debatte um bewaffnete Drohnen zusammen: „Ist der Sicherheitsgewinn für die eigenen Soldaten und Soldatinnen mit einem möglichen Sicherheitsverlust für Zivilisten vereinbar?“

Die Bundesregierung fand eine einfache Antwort auf diese Frage. Es gäbe viele Dilemmas beim Einsatz bewaffneter Drohnen, sagte Tauber, doch diese gäbe es bei jedem Waffensystem. Völkerrechtlich seien Einsätze bewaffneter Drohnen durch die Bundeswehr möglich — und den Soldaten sei zuzutrauen, diese verantwortungsvoll durchzuführen.

Auch Eberhardt Zorn, Generalinspekteur der Bundeswehr, sprach sich für die Anschaffung bewaffneter Drohnen aus. „Drei Punkte sprechen militärisch für bewaffnete Drohnen: das bessere Lagebild, der Zeitgewinn für Entscheider und die bessere Zielerfassung.“

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Schon jetzt würden Aufklärungsdrohnen der Bundeswehr in Afghanistan oder Mali helfen, Gefahren für Bodentruppen in Echtzeit zu erkennen. Durch eine Bewaffnung könnte die Bundeswehr jedoch schneller auf Angriffe reagieren als durch verzögerte Lufteinsätze oder Artilleriefeuer. Die kleineren Sprengkörper, mit denen die Bundeswehr die ab 2021 eingesetzten Heron-TP-Drohnen ausrüsten wolle, seien zudem präziser und könnten sogar nach Abschuss noch unscharf gestellt werden.

Zorn argumentierte also so, wie auch die Bundeswehr seit Jahren: Bewaffnete Drohnen können und sollen die Soldaten im Auslandseinsatz schützen. Dabei könnten sie dies besser als bisher verwendete Waffensysteme.

Auch eine Podiumsdiskussion über die „ethische Dimension von bewaffneten Drohnen“, bei der unter anderem der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels und Heike Spieker, die Leiterin des Teams für Internationales Recht beim Deutschen Roten Kreuz, teilnahmen, brachte wenige neue Erkenntnisse. Militärische Gewalt sei ethisch stets zu hinterfragen, stellten die Diskutanten fest. Der Einsatz von Drohnen unterscheide sich somit nicht stark vom Einsatz herkömmlicher Waffen.

„Man sieht Gefahr und kann sie unmittelbar bekämpfen“, warb Bartels für den Einsatz bewaffneter Drohnen. „Man sollte den Soldaten diesen Vorteil nicht vorenthalten.“ Das häufig gegen den Drohnenkampf eingebrachte Argument des Tötens per Fernbedienung entkräftete er mit dem Verweis auf sich bereits im Einsatz befindliche Waffensysteme. Ein Artillerieschütze etwa bekomme sein Ziel in 40 Kilometer Reichweite auch nicht zu Gesicht.

Viel Debatte, wenig Klarheit, keine Entscheidung

Letztlich darüber entscheiden, ob die Bundeswehr als Parlamentsarmee bewaffnete Drohnen einsetzt, müsste die Politik. So debattierten am Montag auch die Verteidigungspolitiker der Parteien im Panel. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann befürwortete die Beschaffung bewaffneter Drohnen. Sie betonte, dies sei „elementar wichtig für eine moderne Armee“. Auch der AfD-Politiker Rüdiger Lacassen sprach sich dafür aus.

Tobias Pflüger von der Linken lehnte den Einsatz bewaffneter Drohnen komplett ab. Sie seien eine „Schwelle zu einer anderen Form der Kriegsführung“, in der gezielte Tötungen wie durch die USA stattfänden und in Zukunft womöglich Künstliche Intelligenz über Leben und Tod entscheide. Auch die Grünen-Politikerin Katja Keul zeigte sich skeptisch: „Ich sehe kein Einsatzszenario, bei dem die Bundeswehr auf dieses Waffensystem angewiesen wäre.“

Schwierig ist die politische Bewertungslage in der Großen Koalition. Henning Otte von der CDU ist wie seine Parteichefin für bewaffnete Bundeswehr-Drohnen. Doch Fritz Felgentreu, der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, hielt sich am Montag mit einer Positionierung zurück.

„Wir müssen erörtern, ob bewaffnete Drohnen den Soldaten in den Einsätzen, die wir nun haben, helfen“, sagte Felgentreu. Die möglichen Einsatz-Szenarien müssten nachvollziehbar und nachzulesen sein. Hieß im Klartext: Das Verteidigungsministerium muss konkrete Pläne vorlegen, dann wird sich auch die SPD positionieren.

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Bis nach den vielen Debatten eine Entscheidung in Sachen bewaffneter Bundeswehr-Drohnen gefällt wird, können Monate vergehen. Oder Jahre — seit 2013 findet sich in Deutschland keine klare Position in der Frage.

„Bewaffnete Drohnen sind nicht grundsätzlich problematisch — es kommt darauf an, wie sie eingesetzt werden“, resümiert Ulrike Franke, Expertin für moderne Kriegsführung und Drohnentechnologie beim European Council of Foreign Relations, im Gespräch mit Business Insider. „Hier wäre die Politik gefordert, klare Regeln für den Einsatz durch die Bundeswehr festzulegen: Werden Drohnen ausschließlich für den Begleitschutz von Bodentruppen eingesetzt? Gibt es Ausnahmeregelungen, in denen die Verfolgung und Tötung von Feinden gerechtfertigt ist?“

Gerade Deutschland traue sie zu, klare rote Linien zu definieren, sagt Franke. „Es wäre aber langsam an der Zeit, sie auch zu ziehen.“

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