Nach Russlands Rauswurf aus G8: Haben wir jetzt schon kalten Krieg?

Von: Von SANDRA SPIEKER

Es war ein denkwürdiger Tag: Die G-7-Staaten trafen sich am Montag erstmals seit 16 Jahren ohne einen russischen Präsidenten. Grund: Das Vorgehen Moskaus auf der Krim, die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Halbinsel.

Vieles in der Ukraine-Krise erinnert an die Zeiten, als die USA und die Sowjetunion die Welt in zwei Lager geteilt haben. Stehen wir an der Schwelle zu einem neuen Kalten Krieg?

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„Wir haben einen kalten Krieg der Worte, in der Realität ist das aber kein kalter Krieg“, sagt Dr. Stefan Meister, Russland-Experte beim European Council on Foreign Relations zu BILD.

Damals hatten wir zwei Machtblöcke, die keine Kontakte miteinander pflegten, keine Wirtschaftsbeziehungen unterhielten, im Wettlauf aufrüsteten.

Meister: „Heute sind Russland und der Westen wirtschaftlich voneinander abhängig, die russische Wirtschaft ist stark bei uns integriert. Im Kampf gegen den Terrorismus kooperieren die USA und Russland weiterhin miteinander.“

Hintergrund: US-Marken wie McDonald's oder Pepsi verfügen über große Marktanteile in Russland und die Europäische Union hat noch weit mehr Handelsbeziehungen nach Russland als die USA.

Nicht nur der deutsche Technikkonzern Siemens und der britische Mineralölgigant BP haben massiv in Russland investiert. Außerdem bezieht Europa etwa ein Drittel seines Erdgases aus Russland.

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Foto: Reuters

Allerdings stagniert die Wirtschaft in Russland seit Jahren. Das hat Putin Ansehen bei den Wählern gekostet.

Seine augenblickliche Taktik kommt laut einer aktuellen Umfrage bei 75 Prozent der Russen gut an. Die Bevölkerung will ein starkes Russland, das dem Westen die Stirn bietet. Allerdings würden laut derselben Umfrage nur 32 Prozent der Russen Putin als Präsident erneut wählen. Grund: Er hat keine Ideen für das Land.

Mit den Sanktionen gegen Russland habe er nun die Möglichkeit, dem Westen die schlechte wirtschaftliche Lage in die Schuhe zu schieben, sagt Meister.

Die Ukraine-Krise ist ein regionaler Konflikt

Die Ukraine-Krise sei noch ein regionaler Konflikt, kein globaler. „Im Moment wird niemand Militär schicken. Es wird derzeit nur eine Drohkulisse aufgebaut“, so der Experte.

Dazu gehören die US-Beobachtungsflüge über Polen und Rumänien und wenn Ursula von der Leyen sagt, dass die Nato eine größere Rolle spielen müsse.

Die USA zeigen militärische Präsenz, weil zum Beispiel die baltischen Staaten um Schutz bitten. Dort herrschen historisch gewachsene Ängste gegenüber den Russen. Die Russen ziehen ihre Truppen an der ukrainischen Grenze zusammen – aber es gehe laut dem Experten nicht darum, dass einer den anderen angreifen wird.

Der Rauswurf aus der G8 trifft die Russen

Wegen der Krim-Krise versuchen die Staats- und Regierungschefs der sieben großen Industriestaaten, den Druck auf Wladimir Putin zu erhöhen: Sie sagten am Montag den G-8-Gipfel in Sotschi ab und drohten nach einem Krisentreffen am Montag in Den Haag mit schmerzhaften Wirtschaftssanktionen.

Putins Außenminister Sergej Lawrow gab sich betont gelassen – er nannte die Gipfelabsage „keine große Tragödie”. „Wenn unsere westlichen Partner denken, dass sich das Format überlebt hat, dann ist das eben so.”

Sind die Russen wirklich so gelassen, wie sie sich geben?

Stefan Meister sieht das nicht so: „Der Rauswurf aus der G8 trifft die Russen.“

Putin buhle mit seinem Vorgehen um internationales Prestige, um auf Augenhöhe mit den USA zu sein. Er habe dafür erstmal kein anderes Mittel gehabt, als die Annexion der Krim. Er will die Ukraine unter Kontrolle halten und verhindern, dass diese in die Nato eintritt.

Jedoch: Je mehr Russland isoliert wird, desto größer könnte auch die Unterstützung für Putin im eigenen Land werden. Das macht eine Annäherung an den Westen schwieriger.

Doch auch hier gibt es fundamentale historische Unterschiede zur Vergangenheit. „Zwei Dinge haben den Kalten Krieg charakterisiert”, sagt Margot Light, emeritierte Professorin für Internationale Beziehungen an der London School of Economics. „Zunächst war da eine ideologische Trennung in Schwarz und Weiß nach dem Motto: Du bist entweder für uns – oder gegen uns. Das existiert heute wirklich nicht mehr.”

„Und dann hat der Kalte Krieg zwar in Europa begonnen, aber sich dann auf die Welt ausgedehnt. Auch das ist nicht der Fall. Ich denke, dass weder Russland noch die USA diesen Einflussbereich noch haben”, sagt die Expertin.

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